Ayurveda

Einheit von Körper, Geist, Sinnen und Seele

Der ayurvedische Stirnölguss führt zu tiefer Entspannung.

Es gibt kein älteres Gesundheitssystem auf Erden als den Ayurveda. Die indische Heilkunst sieht den Menschen als Einheit von Körper, Geist, Sinnen und Seele. Tägliche Ölmassagen, Güsse und Bäder dienen der Verlängerung und Verbesserung des Lebens. Ein zentrales Element des Ayurveda ist daher Abhyanga, die traditionelle Ayurveda-Massage.

Ursprünge und Wirkung der Ayurveda-Massage

Alte hinduistische Schriften wie das Bhagavata Purana („das alte Buch von Gott“) weisen Dhanvantari als Begründer des Ayurveda aus. Dhanvantari war der Ur-Heiler, der Arzt der Götter; alle Heilkunst geht auf ihn zurück.

Das Sanskritwort Ayurveda bezeichnet die Wissenschaft bzw. Weisheit (Veda) vom Leben (Ayus). Der Ayurveda verbindet medizinische Erkenntnisse und Behandlungserfahrungen mit einem ganzheitlichen Welt- und Menschenbild. Also ist auch die Ayurveda-Massage eine ganzheitliche Anwendung.

Ayurveda-Massagen dienen der Stärkung körperlicher, geistiger und spiritueller Kräfte. Sie entfalten nach der traditionellen Lehre ihre volle Wirkung, wenn sie täglich angewendet werden – idealerweise in Kombination mit den ayurvedischen Ernährungsregeln und Reinigungstechniken sowie regelmäßigen Yogaübungen.

Für die Ayurveda-Massage werden meist Öle, zuweilen jedoch auch Tees oder andere Pflanzenextrakte verwendet, die für jeden Patienten individuell hergestellt bzw. gemischt werden. Dabei orientiert sich der Masseur am aktuellen Befund, also akuten und chronischen Beschwerden seines Patienten, sowie an dessen Typ und Persönlichkeit.

Die Typologie des Menschen im Ayurveda

Die ayurvedische Typologie unterscheidet drei Hauptprinzipien, Temperamente bzw. Einflussfaktoren (Doshas), die auch als die drei Lebensenergien bezeichnet werden:

  • das Bewegungsprinzip (Vata),
  • das Feuerprinzip (Pitta), auch Stoffwechselprinzip genannt, und
  • das Strukturprinzip (Kapha).

Vata zugeordnet sind der Äther (Wind, Luft, der Atem) und der so genannte pneumatische oder ätherische (wechselhafte) Typus.

Zu Pitta gehören Feuer und Wasser und der cholerische (aufbrausende) Typus.

Kapha umfasst Erde und Wasser und bezeichnet den beständigen oder auch phlegmatischen Typus.

Kein Mensch repräsentiert dabei einen dieser Typen in Reinform. In jedem sind alle drei Doshas vorhanden, optimalerweise in friedlicher Koexistenz. Die Mischung der Doshas muss also nicht perfekt ausgewogen sein, sondern harmonisch.

Ayurvedische Ärzte und Therapeuten gestalten Behandlungen, Ernährungsempfehlungen oder Ayurveda-Massagen nach den jeweils vorherrschenden Doshas des Patienten. Ziel ist, krankheitsbedingte oder gesundheitsgefährdende Dysbalancen auszugleichen und die harmonische Einheit zu stärken bzw. wiederherzustellen.

Die Große Einölung (Abhyanga)

Abhyanga oder die Große Einölung ist eine auch hierzulande bekannte und gebräuchliche Form der Ayurveda-Massage. Sie gehört wie das Vollbad zu den täglichen Empfehlungen (Dinacarya Adhyaya) der ayurvedischen Lebensgestaltung und kann daher auch als Wellnessmassage bzw. Wellnessanwendung für den ganzen Körper durchgeführt werden.

Abhyanga und Bäder ergänzen medizinisch angeratene ayurvedische Behandlungen und sind auch in Europa Basis fast jeder Ayurveda-Kur. Nach der Prinzipienlehre vertreibt die Ayurveda-Ölmassage überschüssiges Vata aus dem Körper, ist jedoch nicht geeignet bei Kapha-Überschuss oder während einer Ayurveda-Reinigungstherapie.

Im medizinischen Sinne dient die Abhyanga dem Einbringen von heilsamen Essenzen (in Tee oder warmen Massageölen) über die Haut. Sie schenkt allgemeine Entspannung, löst Krämpfe und Blockaden und lindert Schmerzen. Das warme Öl auf der Haut vermittelt ein Gefühl der Geborgenheit, das durch Berührung und Massagebewegungen noch verstärkt wird.

Tipps:

Bei der Ayurveda-Massage wird viel mehr und oft auch besseres Öl verwendet als bei der westlichen Klassischen Massage. Das ermöglicht zusätzliche ayurvedische Spezialgriffe.

Sesamöl ist die bevorzugte Basis für ayurvedische Massageöle. Ihm wird sogar die Eigenschaft zugeschrieben, dicke Menschen dünn und dünne Menschen dick zu machen. Je nach Befund dienen auch Senföl, Rizinusöl oder Kokosöl als Basisöle.

Menschen, die unter chronischen Verdauungsbeschwerden leiden und/oder regelmäßig Abführ- oder Brechmittel einnehmen, sollten vor der Abhyanga Rücksprache mit ihrem Arzt halten.

Anwendungsgebiete der Ayurveda-Massage

Viele Griffe und Techniken der Ayurveda-Massage sind denen der Schwedischen oder Klassischen Massage ähnlich. Beide Formen sind mehr pragmatisch als energetisch: Sie folgen der menschlichen Anatomie und berücksichtigen gängige Schmerzzentren und Spannungsfelder des Halte-, Stütz- und Bewegungsapparates.

Eine Ölmassage und ein Bad pro Tag verlängern laut der Lehre das Leben. Die Ayurveda-Massage vertreibt alters- und alltagsbedingte Anspannung, stärkt die Augen, nährt und pflegt die Haut und sorgt für gesunden Schlaf. Kopf, Ohren und Füße werden bei der Abhyanga besonders berücksichtigt.

Tipps:

In Indien und Sri Lanka wird die Ganzkörper-Ayurveda-Massage meist von zwei geschulten und gut aufeinander abgestimmten Masseuren gleichzeitig ausgeführt. Eine solche Synchronmassage wird in Deutschland seltener angeboten und ist um einiges teurer, aber die Erfahrung lohnt sich.

Ein Stirnölguss kann die Ayurveda-Massage ergänzen, um das Nervensystem zu beruhigen und die Immunabwehr zu stärken. Er wird auch empfohlen bei Kopfschmerzen und Menstruationsbeschwerden.

Die Abhyanga kennt viele Unterarten für einzelne Körperbereiche und Anwendungsziele. So gibt es etwa Ayurveda-Massagen speziell für die Füße oder den Bauch sowie besondere Formen für Babys und Kinder.

Eine Unterart, die Mukabhyanga (Ayurveda-Gesichtsmassage), wird traditionell zur Linderung von Liebeskummer angewendet.

Die ayurvedische Massagekunst umfasst auch Hautpeelings und Trockenmassagen mit Seidenhandschuhen, Zitronen-Kokos-Säckchen oder geriebenen Kräutern.

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