Die Wahrheit über Kalorienzählen & schnelles Abnehmen

„Es reicht, ich werde jetzt 10 Kilo abnehmen!“ Wenn die Hose wieder zu eng sitzt und der Bauch sich unter dem T-Shirt abzeichnet, fassen viele den Entschluss mit einer Diät anzufangen. Da die lästigen Kilos am liebsten auch noch schnell verschwinden sollen, ist die Verlockung groß mit einer Crash-Diät zu beginnen. Crash Diäten versprechen durch ein großes Kaloriendefizit einen schnellen und großen Gewichtsverlust in nur kurzer Zeit. Irrtümlicherweise geht man davon aus, dass der Gewichtsverlust größer und schneller sein wird je disziplinierter und strenger man sich an eine Diät hält. Jedoch funktioniert erfolgreiches Abnehmen nicht mit strengem Verzicht, sondern mit einer klugen Auswahl der Lebensmittel. Nach strengen Crash-Diäten sind die abgenommenen Kilos genauso schnell wieder drauf, wie sie verschwunden sind, denn der Jo-Jo-Effekt lässt nicht lange auf sich warten. Aber warum ist das so und wie kann man langfristig gesund und schnell abnehmen? Der nachfolgende Artikel erklärt worauf man für langfristige Abnehmerfolge achten sollte.

Die Jo-Jo-Falle: der Fall Kerstin

Kerstin ist 34 Jahre alt und hat über die vergangen Jahre 10 kg zugenommen. Nachdem sie feststellen muss, dass auch ihre Lieblingsjeans nicht mehr passt, beschließt sie ihren überschüssigen Kilos den Kampf anzusagen. In einer bekannten Zeitschrift hat sie gelesen, dass sie dafür ein Kaloriendefizit benötigt. Das heißt, dass sie entweder mehr Kalorien verbrennen muss als sie aufnimmt oder aber weniger Kalorien aufnehmen muss, als sie verbrennt.

Voller Motivation fängt Kerstin an zwei Mal in der Woche eine halbe Stunde lang zu joggen. Sie erhofft sich so mehr Kalorien zu verbrennen. Zusätzlich beschließt sie so wenig wie möglich zu frühstücken und am Mittag nur noch ein paar Cracker oder Reiswaffeln mit Käse zu essen. Dadurch möchte Kerstin so viele Kalorien wie möglich einsparen und ihre Kalorienaufnahme verringern. Das scheint auf den ersten Blick plausibel, schließlich reduziert sie somit ihre Kalorienaufnahme und erhöht ihren Kalorienverbrauch. Aber sie nimmt nur wenig ab.

Kerstin denkt, dass sie wenig abnimmt, weil sie nicht diszipliniert und streng genug mit sich selbst ist. Sie beschließt daraufhin drei Mal in der Woche eine Stunde lang zu Joggen und das Frühstück ausfallen zu lassen. Zusätzlich will sie abends keinen fetten Fisch oder fettes Fleisch mehr essen, um weitere Kalorien einzusparen. Sie ist davon überzeugt, dass sie auf diese Weise sicher abnehmen wird, da sie ja viel weniger Kalorien zu sich nimmt, als sie beim Joggen verbrennt. Und siehe da: Kerstin nimmt schneller und mehr ab.

Das Einzige was Kerstin stört, ist das ständige Hungergefühl und die 3 Stunden Joggen in der Woche, die ihre Gelenke belasten. Nach 4 Wochen verliert Kerstin die Motivation und entscheidet sich dazu mit dem Joggen aufzuhören und wieder etwas mehr zu essen. Nach nur 2 Wochen ist sie wieder bei ihrem Ausgangsgewicht angekommen.

Crash-Diäten & der Jo-Jo-Effekt

Kerstins Schicksal ist sicherlich kein Einzelfall – im Gegenteil. Fast jeder hat sich bereits in einer vergleichbaren Situation befunden und probiert mit Hilfe von Kalorienzählen oder einer Diät schnell Gewicht zu verlieren. Meisten war der Erfolg nur von kurzer Dauer, denn nur Wenige schaffen es ihr Gewicht auch nach einer Diät zu halten.

Das Problem mit (Crash-)Diäten ist, dass sie sehr einseitige und strenge Ernährungsweisen sind. Eine (Crash-)Diät fokussiert sich auf eine bestimmte Komponente der Ernährung oder schränkt die „erlaubte“ Lebensmittelauswahl ein. Diese Einseitigkeit erhöht das Risiko einen Mangel an wichtigen Nährstoffen zu entwickeln, die durch eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung zugeführt werden müssen. Zudem kann der Nährstoffmangel und die Einseitigkeit zu vermehrten Heißhungerattacken führen.

Oft verlangen Diäten, dass sehr wenige Kalorien aufgenommen werden und damit Hungerphasen durchlaufen werden. In diesen Hungerphasen soll der Körper durch das Kaloriendefizit die gespeicherten Fettdepots angreifen. Da sich der Körper allerdings vor dem „Verhungern“ schützen möchte, beginnt er seine noch zugeführten Kalorien sehr effektiv und sparsam zu verwerten. Durch diesen effizienten „Sparmodus“ wird der Stoffwechsel träge, da der Grundumsatz sinkt. Der Grundumsatz bezeichnet die Menge an Energie, die der Körper für lebenserhaltende Funktionen (wie u.a. die Atmung) benötigt. Je weniger also gegessen wird, desto sparsamer verwertet der Körper die noch zugeführten Kalorien.

Wenn man nun nach einer strengen Diät wieder mehr Kalorien isst, nimmt man automatisch wieder zu. Der Verzicht, die Eintönigkeit und das Hungern, welche durch eine Diät bedingt werden, lassen den Körper und Geist sich nach (mehr) Essen sehnen. Diese Gewichtszunahme bezeichnet man als „Jo-Jo-Effekt“. Der Jo-Jo-Effekt ist nicht nur nachteilig für die Gesundheit, sondern auch für das eigene Selbstbewusstsein. Durch eine erneute Gewichtszunahme nach sichtbaren Abnehmerfolgen sinkt das Vertrauen in die eigene Fähigkeit sein Wohlfühlgewicht erfolgreich erreichen und halten zu können.

Nicht alle Kalorien sind gleich

Die Annahme, dass alle Kalorien gleich seien, ist oft einer der Gründe für erfolglose Abnehmversuche. Der menschliche Körper braucht Energie in der Form von Kalorien für körpereigene Prozesse, Funktionen und körperliche Bewegung. Diese Kalorien bezieht der Körper aus den in Lebensmitteln enthaltenen Kohlenhydraten, Fetten, Proteinen und Alkohol.

Jedoch wird nicht jede Kalorie aus jedem Lebensmittel gleich verwertet. Zunächst liefern die unterschiedlichen Nährstoffe unterschiedlich viel Energie. 1 Gramm Fett liefert 9 Kalorien, während Kohlenhydrate und Eiweiß pro Gramm 4 Kalorien liefern. Zudem kommt der unterschiedliche „thermische Effekt“, der die Energie bezeichnet, die für die Verstoffwechslung der jeweiligen Kalorie notwendig ist. Das heißt, dass der Körper für die Verdauung bestimmter Kalorien zusätzliche Energie benötigt und dadurch bereits Kalorien verbrennt. Dieser thermische Effekt macht circa 10 % des Gesamtenergieverbrauchs aus und ist besonders bei hoch bei Eiweiß. Dementsprechend wird zum Beispiel eine Kalorie aus Walnüssen oder Eiern durch den Körper anders verwertet als eine Kalorie aus Zucker.

So sorgen Kalorien aus kohlenhydratreichen Lebensmitteln, wie Weißbrot, Nudeln und Süßigkeiten, für einen hohen Anstieg des Blutzuckers. Um den Blutzucker zu senken und die aus den Kalorien gewonnene Energie in die Körperzellen einzuschleusen, wird das Hormon Insulin produziert. Insulin ermöglicht dem Körper den Überschuss an Energie in den Muskeln und als Körperfett zu speichern. Durch den stark abfallenden Blutzucker und das anschließende Tief, können Heißhungerattacken entstehen.

Kalorien aus eiweiß- und fettreichen Lebensmitteln, wie Fleisch, Fisch, Eiern, Milchprodukten und Nüssen sorgen für einen geringeren Anstieg des Blutzucker- und Insulinspiegels und sorgen für eine langanhaltende Sättigung. Während Kohlenhydrate den Körper vor allem Energie bereitstellen sollen, wird Eiweiß dafür benötigt Muskelmasse zu erhalten und aufzubauen. Fett aus Lebensmitteln mit ungesättigten Fettsäuren, wie zum Beispiel Oliven-, Sonnenblumen- und Rapsöl, Avocado und Walnüssen, wird bei dem körpereigenen Aufbau von Hormonen und der Wärmeregulation des Körpers benötigt. Es sollte daher nicht vom Speiseplan gestrichen werden. Die Verstoffwechselung von eiweißreichen Lebensmitteln verlangt dem Körper am Meisten Energie ab, wodurch der Kalorienverbrauch beim Verzehr von eiweißreichen Lebensmitteln am größten ist.

Lebensmittel mit komplexen Kohlenhydraten, wie Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und Kartoffeln sorgen durch ihre Ballaststoffe für ein langanhaltende Sättigungsgefühl. Diese komplexen Kohlenhydrate werden langsamer verdaut und sorgen daher für einen geringeren Anstieg des Blutzuckers. Zudem kann ein Teil der Ballaststoffe nicht durch den Körper als Energie verstoffwechselt werden, sondern dient den Darmbakterien als Nahrung. Damit sorgen ballaststoffreiche Lebensmittel nicht nur für eine gute Verdauung, sondern auch für eine gesunde Darmflora.

Um erfolgreich abzunehmen, ist es daher wichtig, dass mehr Kalorien aus Eiweiß und Fett aufgenommen werden als aus Kohlenhydraten. Dabei sollte man auf möglichst unverarbeitete Lebensmittel mit ungesättigten Fetten zurückgreifen, wie fetten Fisch, Nüsse, Samen und Avocado.

Schnelles Abnehmen

Um den Prozess des Abnehmens zu beschleunigen, braucht es keine radikale Crash-Diät. Stattdessen kann die totale Kalorienaufnahme durch das Essen von unverarbeiteten, frischen Lebensmitteln mit vielen Ballaststoffen und Wasser gesenkt werden. Lebensmittel, die viele Nähr- und Ballaststoffe enthalten, liefern vergleichsweise wenig Kalorien. Unter anderen enthalten Obst und Gemüse neben wichtigen Nährstoffen einen hohen Wasseranteil. Darüber hinaus versorgen sie uns mit sekundären Pflanzenstoffen, die den Körper vor Krankheiten schützen und das Immunsystem unterstützen.

Industriell verarbeitete Lebensmittel hingegen enthalten viele Zusatzstoffe und meistens zugefügten Zucker oder Fett. So haben Alkohol, Süßwaren, Fertigprodukte, süße Getränke und Weizen- und Weißmehlprodukte eine hohe Energiedichte. Diese Produkte liefern viele „leere“ Kalorien und nur wenig Nähr- und Ballaststoffe, die für ein langanhaltendes Sättigungsgefühl notwendig sind. Auch das Auslassen von Mahlzeiten ist keine Option, um schneller abzunehmen – im Gegenteil. Das anhaltende Hungergefühl fördert zwangsweise Heißhungerattacken und die geringe Kalorienaufnahme führt zu einem trägen Stoffwechsel.

Neben der Ernährung spielt auch die Bewegung eine wichtige Rolle beim Verbrennen von Kalorien. Durch Sport werden die Muskeln stimuliert Muskelmasse aufzubauen. Mehr Muskelmasse sorgt wiederum dafür, dass insgesamt mehr Kalorien verbrannt werden. Zum Muskelaufbau eignet sich am besten Krafttraining, während Intervalltraining die Kalorien- und Fettverbrennung ankurbelt. Am ist eine Kombination beider Trainingsarten, um die Fettverbrennung anzukurbeln und gleichzeitig den Körper zu formen.

Langfristig schlank

Eine Diät und reines Kalorienzählen sind keine Lösung, um langfristig Gewicht zu verlieren. Statt sich in Verzicht zu üben, ist es umso wichtiger sich intensiver mit den Lebensmitteln zu beschäftigen, mit denen man sich tagtäglich Kalorien zuführt.

Um langfristig, gesund und schnell abzunehmen, muss eine Ernährungsmethode gewählt werden, die zu dem individuellen Alltag passt und diesen nicht weiter einschränkt. Daher ist eine „Diät“ keine langfristige Ernährungsumstellung und führt nicht zu langfristigen Abnehmerfolgen. Statt Kalorien zu zählen und auf schnelle Resultate zu setzten, sollte vor allem darauf geachtet werden Kalorien aus hochwertigen eiweiß- und fettreichen Lebensmitteln zu beziehen. Neben dem Verzehr von unverarbeiteten Lebensmitteln kann Sport erfolgreiches Abnehmen unterstützen und helfen den Jo-Jo-Effekt und eine erneute Gewichtszunahme zu umgehen.

Eine ausgewogene Ernährung mit unverarbeiteten Lebensmitteln, die viel Ballaststoffe, Wasser und Eiweiß enthalten, lässt in Kombination mit regelmäßiger Bewegung Fettpolster schmelzen und sorgt für sichtbare Ergebnisse.

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Autorenportrait Maja Kapka

Maja Kapka ist Ernährungsberaterin und -wissenschaftlerin bei Bodyhappiness.de und schreibt über gesunde Ernährung und gesundes Abnehmen. Durch die Begleitung unterschiedlicher Menschen und eigenen Erfahrungen mit Ernährungsumstellungen und Diäten, ist sie davon überzeugt, dass die persönliche Einstellung und der Einklang mit Körper und Geist zu einem wesentlichen Teil zu einer gesunden Ernährungsweise beitragen. Mit ihrem holistischen Ansatz unterstütz sie andere bei einer langfristigen Ernährungsumstellung und hilft ihnen sich nicht nur wohler, sondern auch glücklicher in ihrem eigenen Körper zu fühlen.

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